Deutsch      Englisch       

Home
Vorwort
Inhalt
1.Das Klima als öffentlicher Belang in der Bau­­leit­­planung
2.Charakteristik und Erscheinungsformen des Stadtklimas
3.Energiebewusste Bauleitplanung
4.Methoden der Informations­­­gewinnung für die Planung (Messungen, Windkanal, Numerische Modellierung)
5.Klima- und Lufthygienekarten als Hilfsmittel in der Bauleitplanung
(Beispiel: Klimaatlas Verband Region Stuttgart)
6.Empfehlungen für die Planung
6.1Erhaltung und Gewinnung von Vegetationsflächen
6.1.1Landschafts- und Grünordnungsplan
6.1.2Maßzahlen zur Beschreibung der "grünen" Nutzung
6.1.3Vermeidung der Bodenversiegelung durch Grün- und Wasserflächen
6.1.4Dachbegrünung
6.1.5Fassadenbegrünung
6.2Sicherung des lokalen Luftaustausches
6.2.1Kaltluftentstehung
6.2.2Frischluftzufuhr
6.2.3Grünzüge
6.2.4Günstige Siedlungs- und Bebauungsformen
6.3Maßnahmen zur Luftreinhaltung
6.3.1Bereich Gewerbe und Industrie
6.3.2Bereich Hausbrand
6.3.3Bereich Verkehr
6.4Planungsbezogene Stadtklimauntersuchungen
7.Literaturverzeichnis
8.Thematische Websites
Impressum
Download
 
EMPFEHLUNGEN FüR DIE PLANUNG
   
 6.3.2 Bereich Hausbrand

Für die im Interesse der Luftreinhaltung und des Klimaschutzes anzustrebende Emissionsminderung ist die Art der Energieversorgung bzw. die Wahl der eingesetzten Brennstoffe von erheblicher Bedeutung.

Tabelle 6/4 zeigt einen Überblick der spezifischen Schadstoff-Emissionen verschiedener Heizsysteme, die im Bereich Hausbrand und Kleingewerbe im Einsatz sind. Dabei stellen sich Erdgasheizkessel als die bezüglich der konventionellen Schadstoffe insgesamt "saubersten" heraus. Übertroffen werden sie allerdings im Sektor Klimaschutz bezüglich der Kohlenstoffdioxidemissionen von Holzheizungen, die wiederum hohe Schadstoffemissionen aufweisen. Einen guten Kompromiss stellt nach derzeitigem Stand das Erdgas Mini-BHKW dar. Durch die Umstellung/Erneuerung von Heizsystemen haben sich die lufthygienischen Verhältnisse unserer Städte, insbesondere in den neuen Bundesländern, mit Abnahme der Schwefeldioxid-, Kohlenmonoxid- und Staubbelastung grundlegend verbessert. Durch Steigerung der Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energieformen müssen nun die Kohlenstoffdioxidemissionen deutlich reduziert werden.

Schadstoffe CO2
g/kWh
SO2
g/kWh
NOx
g/kWh
CO
g/kWh
Staub
g/kWh
Heizsystem
Heizöl - Niedertemperaturkessel 371 750 266 215 34
Erdgas - Niedertemperaturkessel 295 179 234 166 10
Erdgas - Brennwertkessel 252 154 200 145 9
Elektroheizung, 100% Kohlestrom 1075 1056 525 246 26
Elektroheizung, 85 % Kohlestrom 968 980 494 232 27
Elektro-Wärmepumpe Luft,
100 % Kohlestrom
342 347 178 115 12
Elektro-Wärmepumpe Boden,
100 % Kohlestrom
288 294 152 104 11
Elektro-Wärmepumpe Wasser, 100 % Kohlestrom 270 277 144 101 11
Erdgas-Blockheizkraftwerk, klein -97 -82 400 383 12
Biogas-Blockheizkraftwerk, klein -411 855 1365 1183 166
Holzpellet-Feuerungen 83 847 1020 2709 317
Solarkollektoranlage + Holzheizung 30 469 269 15901 196
Holzheizung, Scheitholz 15 401 272 14120 276
Kaminofen, Scheitholz 24 335 142 12130 298
 
 
Tab. 6/4: Emissionsfaktoren verschiedener Heizsysteme (nach GEMIS, Globales Emissions-Modell integrierter Systeme, Öko-Institut, Freiburg), Datenquelle Holzfeuerungen: LUBW in Zusammenarbeit mit Institut für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen, Universität Stuttgart (IVD)

Der im Rahmen dieser Klimaschutzbemühungen propagierte Einsatz von Holz als nachwachsender Brennstoff muss aus rein lufthygienischer Sicht in Ballungsräumen durchaus auch kritisch betrachtet werden. Jedenfalls bedarf die Holzverbrennung moderner Feuerungsanlagen, in denen hinsichtlich Beschickung, Ausbrandverhalten, Rauchgasbehandlung und Kaminausführung der Stand der Technik realisiert ist. In der Summe ist dies häufig nur bei größeren i.d.R. gewerblichen Anlagen betriebswirtschaftlich sinnvoll.

Im häuslichen Bereich besteht bei Scheitholzverbrennung die Gefahr, dass ungeeignetes, nicht trocken gelagertes oder behandeltes Holz, oft noch unter falscher Bedienung des Ofens eingesetzt wird. Insbesondere zu niedrige Kaminhöhen – wobei unzureichend berücksichtigte Dachaufbauten oder höhere Nachbargebäude (Hanglagen!) eine Ableitung der Rauchgase "in den freien Windstrom" behindern – führen dann zu entsprechenden Nachbarschaftsbeschwerden. Wie deren Bearbeitung zeigt, verführt eine derartige Holzfeuerstätte gelegentlich auch zur unerlaubten Abfallverbrennung.

Rechtliche Grundlagen

Emissionsminderung

§ 9 (1) 23. a. BauGB bietet eine bebauungsplanmäßige Festsetzungsmöglichkeit zur direkten Emissionsminderung: Danach können im Bebauungsplan Gebiete festgesetzt werden, in denen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen.

Diese als "Verbrennungsverbot" für die fossilen Brennstoffe, vor allem Kohle, bekannte Festsetzung erfordert ein begründetes städtebauliches Interesse an der Sicherung unterhalb der Gefährdungsgrenze liegender Nutzungsqualitäten, wobei die Beschränkung oder der Ausschluss von leichtem Heizöl nicht aus Gründen seines Schwefelgehaltes erfolgen darf. Auch muss nachgewiesen sein, dass die unzulässigen oder nur beschränkt zulässigen Brennstoffe die Luft erheblich verunreinigen.

Die Festsetzung eines Verbrennungsverbotes setzt wie jede andere Festsetzung ihre Erforderlichkeit im planungsrechtlichen Sinne voraus. Im übrigen können klimatische und topographische Gegebenheiten (z.B. die Existenz von Frischluftschneisen) eine städtebauliche Begründung für ein Verbrennungsverbot tragen.

Im Hinblick auf die mögliche Beschränkung der Verwendung luftverunreinigender Brennstoffe kann durch geeignete textliche Festsetzung im Bebauungsplan die lufthygienische Chancengleichheit der Brennstoffe Gas und Heizöl hergestellt werden, indem zur Begrenzung der Schadstoffemission Grenzwerte festgesetzt werden, die ggf. auch durch Maßnahmen zur Reduzierung des Heizwärmebedarfs (moderne Heizungstechnik oder verstärkte Wärmedämmung der Außenwände) erreicht werden können. Diese Festsetzungen bestimmen dann in ihrer Gesamtheit die "beschränkte Verwendung".

Energieeffizienz (Erzeugung, Nutzung und Bauweise) und erneuerbare Energien

Nach § 9 (1) 23. b. BauGB besteht nach Neuregelung durch das Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes (s. Kapitel 1) die Möglichkeit, Gebiete festzusetzen, in denen bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen. Bezüglich der nach dem ERNEUERBARE-ENERGIEN-WÄRME-GESETZ (EEWärmeG, 2008) bestehenden Wahlmöglichkeiten stellt sich allerdings die Frage, ob eine bauplanungsrechtliche Festlegung auf eine bestimmte Form der erneuerbaren Energien städtebaulich zu rechtfertigen wäre. Dass es im Einzelfall solche Gründe geben kann, ist sicherlich nicht ausgeschlossen, zumal die Klimaschutz-Novelle bisherigen Auffassungen entgegentritt, nach denen Festsetzungen nur im Hinblick auf örtlich begrenzte Gegebenheiten zu rechtfertigen sind.

Das Rechtsinstrument des Städtebaulichen Vertrags (§ 11 BauGB) bietet analog zu den Festsetzungsmöglichkeiten ebenfalls erweiterte Regelungsmöglichkeiten zu energetischen Fragestellungen. So können neben technischen Regelungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung auch (ggfls. über die Energieeinsparverordnung (ENEV, 2009) hinausgehende Anforderungen) an die energetische Qualität von Gebäuden formuliert werden. Die Festsetzung dafür erforderlicher Flächen für Versorgungsanlagen und -leitungen erfolgt wie bisher auf Grundlage von § 9 (1) 12. u. 13. BauGB.

Erneuerbare-Wärme-Gesetz in Baden-Württemberg

Nach dem in Baden-Württemberg am 1.1.2008 in Kraft getretenen Gesetz muss die Wärmeversorgung bei Neubauten, für die ab 1. April 2008 die Bauunterlagen erstmalig eingereicht wurden, zu mindestens 20 Prozent über erneuerbare Energien wie Sonnenenergie, Erdwärme und Wärmepumpen oder Biomasse gedeckt werden. „Die Quote kann zumeist bereits über eine solarthermische Anlage auf dem Dach erreicht werden.“ Für den Gebäudebestand wurde ab 2010 ein Anteil regenerativer Energien von zehn Prozent vorgeschrieben, der immer dann erfüllt werden muss, wenn es zum Austausch der Heizungsanlage kommt. Ersatzweise kann die Verpflichtung durch eine verbesserte energetische Dämmung erfüllt werden. Das Ziel ist, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. Wenn das auf eine andere Weise (z. B. Kraft-Wärme-Kopplung) erreicht werden kann, wird dies auch anerkannt.

 
 
 
Abb. 6/29: Hausbrand; Emissionen aus vielen Quellen
 
Abb. 6/30: Hausbrand; Emission aus Kohleeinzelofen