|
|
CHARAKTERISTIK UND ERSCHEINUNGSFORMEN DES STADTKLIMAS | |
| | |
2.6 Bioklima |
Meteorologische Elemente wirken auf den Menschen nicht getrennt ein. Daher ist eine kombinierte Bewertung notwendig. Von besonderer Bedeutung ist der thermische Wirkungskomplex, da hier alle Klimaelemente eine Rolle spielen, die den Wärmehaushalt des Menschen direkt beeinflussen. In diesem Zusammenhang werden komplexe Größen wie Schwüle, Behaglichkeit, empfundene Temperatur herangezogen. Eine Bewertung dieser Größen ist subjektiv und von der Tageskonstitution des einzelnen Menschen abhängig.
Vor allem ist es die zeitweise Überwärmung der Stadt, die sich bioklimatisch negativ auswirken kann. Das Anhalten der Überwärmung in der Nacht bei abnehmender Windgeschwindigkeit kann dazu führen, dass der Schlaf nachteilig beeinflusst wird. Aber auch am Tage kann die Überwärmung vor allem in Verbindung mit höherer Luftfeuchtigkeit und intensiver Sonneneinstrahlung als sehr belastend empfunden werden. Die eintretende thermische Belastung führt auch zum Nachlassen der Leistungsfähigkeit.
Die Bewertung des thermischen Wirkungskomplexes basiert auf der Wärmebilanzgleichung des menschlichen Körpers. Aufbauend auf dieser Gleichung wird die Behaglichkeitsgleichung nach FANGER (1972) als Regelanwendung empfohlen. Zur Angabe des Grades der Unbehaglichkeit bzw. Behaglichkeit wurde von Fanger der Index PMV (Predicted Mean Vote) geschaffen. Er gibt die mittlere subjektive Beurteilung einer größeren Personengruppe wieder. Für diesen PMV Index gibt es auch entsprechende Messgeräte.
Eine Kopplung dieses Ansatzes mit den solaren und terrestrischen Strahlungsflüssen hat unter dem Namen "Klima-Michel-Modell" (JENDRITZKY et al. ,1990), unter anderem wegen der Möglichkeit zur flächenhaften Darstellung, eine weite Verbreitung als planerisches Werkzeug gefunden.
Folgende Tabelle gibt die bei den jeweiligen PMV-Werten zu erwartenden thermischen Empfindungen und Belastungsstufen wieder.
PMV | Thermisches Empfinden | Belastungs- stufe | Biologische Wirkung | -3,5 -2,5 -1,5 -0,5 -0,0 -0,5 -1,5 -2,5 -3,5 | sehr kalt kalt kühl leicht kühl behaglich leicht warm warm heiß sehr heiß | Extrem Stark Mäßig Schwach Keine Schwach Mäßig Stark Extrem | Kältestress . . . keine . . . Wärmebelastung |
Für vertiefende thermophysiologische Betrachtungen steht außerdem das Wärmehaushaltsmodell "MEMI" (HÖPPE, 1984) zur Verfügung, das sich für Spezialfälle, in denen medizinische Belange im Vordergrund stehen, besonders eignet. Hieraus wurde die Bewertungsgröße PET (Physiologische Äquivalente Temperatur) entwickelt. Einzelheiten zur bioklimatischen Bewertung des Stadtklimas können der VDI-Richtlinie VDI 3787, Blatt 2 (2008) bzw. dem Handbuch Bioklima und Lufthygiene (MORISKE et al., 2006) entnommen werden.
|
|
| |
|
Abb. 2/14: Tage pro Jahr mit Wärmebelastung, Quelle: Klimaatlas Verband Region Stuttgart, 2008 | |
|
Abb. 2/14a:"Klima-Michel-Modell" mit Komponenten der Strahlungsbilanz | |
|
Abb. 2/14b: Bioklimakarte von Berlin, gefühlte Temperatur an einem Sommertag, Quelle:DWD | |
|
Abb. 2/14c: Bioklimakarte von Dresden, Anzahl der Tage mit Wärme­belastung pro Jahr, Quelle:DWD | |
|
Abb. 2/14d: Kartierung der pysiologisch äquivalenten Temperatur für die Tagsituation in Freiburg, Quelle: Matzarakis et al., 2008 |
|