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Vorwort
Inhalt
1.Das Klima als öffentlicher Belang in der Bau­­leit­­planung
2.Charakteristik und Erscheinungsformen des Stadtklimas
3.Energiebewusste Bauleitplanung
4.Methoden der Informations­­­gewinnung für die Planung (Messungen, Windkanal, Numerische Modellierung)
4.1Messungen
4.1.1Stationäre Messungen
4.1.2Messungen mit mobilen Messeinrichtungen
4.1.3Tracerexperimente
4.1.4Vertikalsondierungen
4.2Windkanal
4.2.1Allgemeines
4.2.2Funktionsweise und Unter­suchungs­methoden
4.2.2.1Sichtbarmachung von Strömungen oder Schadstoffausbreitung
durch Rauch
4.2.2.2Wind­geschwindig­keits­­messungen
4.2.2.3Messung der Konzentrationsverteilung bei Ausbreitungs­ver­suchen
4.2.3Standorte von Windkanälen
4.3Numerische Modellierung von Strömungs- und Transportvorgängen
4.3.1Das Windfeldmodell DIWIMO
4.3.2Die Kaltluft­abfluss­modelle KALM und KLAM 21
4.3.3Das Modell STREET zur Abschätzung verkehrsbedingter
Schadstoffbelastung
4.3.4Das Modell MLuS-02 bzw. neu RLuS 2012 zur Berechnung
der Schadstoffausbreitung an Straßen ohne oder mit lockerer Randbe­bauung
4.3.5Das Modell PROKAS zur Berechnung der Schadstoffbelastung an Straßen
4.3.6Das mikroskalige Modell MISKAM
4.3.7Mesoskalige geländeklimatische Modelle
4.3.8Die Stadtklimamodelle RayMan, ENVI-met und MUKLIMO_3
5.Klima- und Lufthygienekarten als Hilfsmittel in der Bauleitplanung
(Beispiel: Klimaatlas Verband Region Stuttgart)
6.Empfehlungen für die Planung
7.Literaturverzeichnis
8.Thematische Websites
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METHODEN DER INFORMATIONS­­­GEWINNUNG FüR DIE PLANUNG (MESSUNGEN, WINDKANAL, NUMERISCHE MODELLIERUNG)
   
 4.2 Windkanal
 
 4.2.1 Allgemeines

Anforderungen an die Ermittlung und Darstellung von Umweltauswirkungen im Bereich der Bauleitplanung sind ständig gestiegen, nicht zuletzt auch durch Änderungen im BauGB selbst. Zum einen ist dies sicherlich auch der Sensibilisierung der Bevökerung im Umweltbereich geschuldet, zum anderen trägt die immer dichtere Besiedlung in unserem Land dazu bei, indem konfliktträchtige Nutzungen immer mehr zusammenwachsen.

Diese höheren Anforderungen haben dazu geführt, dass in speziellen Fällen auch zeitlich und finanziell aufwändigere Untersuchungsmethoden angewandt werden, zumal auch materielle Einbußen bzw. Schäden auf dem Spiel stehen. Eine dieser Methoden ist die Verwendung des Windkanals für planerische Fragestellungen.

Im Windkanal lassen sich grundsätzlich quantitativ untersuchen:

  • eine Änderung der großräumigen Durchlüftung im Planungs- und angrenzenden Gebiet
  • die baukörperbedingte Modifikation der kleinskaligen Ausbreitung von Schadstoffen oder Gerüchen
  • die Änderung des Windkomforts durch geplante Bauvorhaben
Insbesondere lassen sich im Windkanal Strömungs- und Ausbreitungsvorgänge auch für Entscheidungsträger/Gremien sehr anschaulich darstellen.

Typische Anwendungsbeispiele sind:
  • Vermeidung störende Windströmungen in der Umgebung von Hochhäusern
  • Wirkung von Plätzen und Straßen auf die Durchlüftung von Stadtgebieten>
  • Reduzierung Schneeverwehungen an Straßen oder Abwehungen von Halden
  • Positionierung der Außenluftansaugungen von Klimaanlagen
  • Verbreitung von Gerüchen ausgehend von Gewerbebetrieben, Deponien und Massentierhaltung
  • Ausbreitung von Emissionen bei Störfällen
Der Untersuchungsbereich kann je nach Fragestellung einige Meter (lokaler Windkomfort) bis zu einigen Kilometern (Durchlüftung von Stadtgebieten) betragen.

Zur Beurteilung des Windkomforts notwendige Kriterien unterscheiden sich üblicherweise dahingehend, dass sie sich entweder auf den Stundenmittelwert der Windgeschwindigkeit (Tab. 4/1) oder auf die Böenwindgeschwindigkeit (Tab. 4/2) beziehen. In der sich in Arbeit befindlichen VDI - Richtlinie 3787, Blatt 4 "Methoden zur Beschreibung von Stark- und Schwachwinden in bebauten Gebieten und deren Bewertung" wird versucht, ein einheitliches Bewertungsverfahren zu formulieren.

Windgeschwindigkeit (m/s) Effekt
bis ca. 1.5 Ruhe, keine merkliche Luftströmung
ca. 1.6 - ca. 3.3 im Gesicht fühlbare Luftströmung
ca. 3.4 - ca. 5.4 Wind bewegt leichte Fahnen
ca. 5.5 - ca. 7.9 Papier fliegt auf, Frisur wird zerstört
ca. 8.0 - ca. 10.7 Windkraft am Körper deutlich spürbar
ca. 10.8 - ca. 13.8 Regenschirme mit Mühe zu benutzen
ca. 13.9 - ca. 17.1 Schwierigkeiten beim Gehen

Tab. 4/1 : Zusammenhang zwischen Windgeschwindigkeit und Wirkung des Windes auf den Menschen (nach STIEMER, 1977)

Böenwindge-
schwindigkeit

Überschreitungs-
häufigkeit

Beurteilungskriterien

< 6 m/s

> 6 m/s

-

max. 5%

keine Windkomfortprobleme zulässig in Parks, Wartebereichen, Straßencafes, auf Spielplätzen,

> 6 m/s

> 15 m/s

max. 20%

max. 0.05%

zulässig auf Flächen für kurzzeitigen Aufenthalt (weniger strenges Kriterium) bzw. die schnell überschritten werden

> 8 m/s

max. 1%

zulässig in Warte- u. Sitzbereichen

> 10 m/s

max. 1%

zulässig auf Flächen für kurzzeitige Aufenthaltszeit (strenges Kriterium)

> 13 m/s

max. 1%

zulässig an Gebäudeecken zulässig für problemloses Laufen

> 13 m/s

> 1%

unangenehm, lästig, Windschutz

> 18 m/s

> 1%

Gefahr


Tab. 4/2 : Kriterien zur Beurteilung der Windverhältnisse für ein bestimmtes Objekt, Quelle: LOHMEYER et al., 1992